Laura´s Geschichte, was vor ihrem Tod geschah, erzählt von Elisabeth im Jahre 2007

 
Jetzt ist es schon 4 Jahre her, dass du von uns gegangen bist. Und es kommt mir so vor, als wenn es erst gestern gewesen ist!? Doch in diesen 4 Jahren hat sich so viel getan. So viel, dass ich nicht genug Zeit hätte das alles aufzuzählen. Aber Eines möchte ich dir gerne sagen, Laura. Wir alle vermissen dich so sehr hier auf Erden. Wir alle wollen dich so gern hier wieder haben, doch leider ist das nicht möglich und wir müssen damit zurechtkommen. Was auch Einigen mittlerweile gelungen ist. Aber trotzdem ist das Gefühl da, dass etwas im Leben fehlt. Nämlich du.

Aber wir alle versuchen unser bestes und hoffen, dass wir dich bald wieder sehen.

Doch ich hoffe, dass ich dich dann nicht mehr weinen sehe, wie am 11. März. Denn noch immer hab ich dieses Bild vor mir, als du auf deinem Stuhl gesessen bist und nicht weiter konntest.

Das alles begann ja 2 Wochen vorher. Im Religionsunterricht…….

Mir war so langweilig und ich war so müde. Ich hätte nicht den Vortag noch fernsehen dürfen. Ein Gähnen und schon war es so weit. Unser Lehrer hat es gesehen und dann: „ Elisabeth, möchtest du bitte das vorlesen?“ ich begann dann auch zu lesen und mittendrin geht der Lehrer zu Clara und nimmt ihr unser Büchlein ab! Unser Buch, dass Lehrer doch niemals sehen durften!? Naja. Ich musste dann weiter lesen und er behielt das Buch bis zum  Schluss der Stunde. Clara und Franzi sind dann auch gleich nach der Stunde dem Lehrer hinterher und wollten das Buch wieder zurückhaben, doch dieser antwortete nur, dies könne er nicht machen und er müsse es dem Klassenleiter zeigen. Und ging weiter.

Was sollten wir jetzt tun? Was nur? Warten, bis jemand zu uns kommt und uns zur Strecke macht?  Ich hatte keine Ahnung.

Ich fragte mich auch, warum er uns das Buch abnahm und bald bekam ich die antwort darauf. Jemand hat das Buch unter der Bank weitergegeben und weil es ein „unterrichtstörender“ Gegenstand war wurde es uns abgenommen. Wir konnten nichts tun, außer warten.

Warten….

Was war das für eine lange Zeit. Eine Minute verstrich wie eine Ewigkeit. Jede Sekunde war ein Qual, dann wir wussten nicht weiter.

Aber das sollte sich ändern. als unser Klassenleiter in „seiner“ Stunde das Klassenzimmer betrat!? Wie üblich schimpfte er uns, weil weder gelüftet, noch geputzt sei oder Tafel sauber genug sei, aber was sollten wir denn noch alles machen?

Nachdem er dann eine andere Schülerin zur Strecke machte, kam das Gespräch über unser Buch! Naja. Ich kann mich nicht mehr genau an den Wortlaut erinnern, aber ich weiß noch, dass er sich am Nachmittag mit der Schulleitung in Verbindung setzten wollte und die Folgen besprechen wollte. Uns währenddessen erfuhren wir auch, dass mittlerweile jeder Lehrer dieses Buch gesehen und gelesen hatte. Aber es redete mit uns keiner darüber. Also beschlossen wir, dass einige Schülerinnen am Nachmittag zur Schulleitung gehen um eine Stellungnahme abzugeben! Wie gesagt, auch getan. Ich ging währenddessen zum Bus und wartete darauf und natürlich auch auf die Ferien, aber keiner konnte sich darüber wirklich freuen, weil uns allen dieses Problem im Magen lag.

An der Bushaltestelle wartend kamen auch schon meine Mitschülerinnen und sagten uns was passiert sei. Sie haben gesagt, dass sie der Schulleitung gesagt haben, dann noch ein weiteres buch existiert und dies viel harmloser sei, als das, das sie in Händen hätte. Doch war dies auch so? eine kleine Notlüge musste sein, um uns vom Schlimmsten zu schützen. Also fuhren wir mit unseren Bussen heim und zeitgleich auch in die Ferien.

Doch an diese kann ich mich kaum erinnern, nur an eines:

Es war Rosenmontag und in der Disco in unserer Nähe war „Kinderfasching“ und so gingen wir alle hin, wie jedes Jahr. Auch Laura war drin, doch konnte sie und auch viele andere von meiner Klasse, sich nicht so richtig freuen, denn unser Buch ging keinem aus dem Kopf. Doch was sollten wir tun? ich habe mich über einen schönen Tag gefreut und war froh darüber mal eine Woche dieses Problem nicht zu haben, aber mit dieser Einstellung war ich wohl ziemlich allein.

An mehr kann ich mich aber auch leider nicht erinnern. Ich wünschte es mir so, aber es sollte wohl nicht so sein.

Die Ferien gingen vorbei uns somit begann auch wieder die Schule. Also, ab zum Bus und, juhu, Schule ist wieder.

Im Bus kaum sitzend fingen wir noch schnell an ein „neues“ Buch zu schreiben, das wir dann auch den Lehrern zeigen wollte. Es sollte das Buch sein, von dem meine Mitschülerinnnen vor den Ferien zu der Schulleitung gesprochen hatten. Wir waren ganz fleißig und haben auch das Buch fast ganz voll gebracht.

In der Schule angekommen gaben wir das Buch dann auch „ab“ und wurden in den Unterricht geschickt. Doch wieder redete kein Lehrer mit uns und so fuhren wir wieder heim. Als ich dann daheim war erzählte ich meiner Mutter von dem Buch und von den Problemen, aber sie sagte nur, dass wir uns nicht „obedou“ sollen, sondern den dingen ihren lauf lassen sollen. „die zeit richtet alles“ sagte sie damals zu mir.

Und so ging ich auch mit neuem Mut wieder in die Schule. Laura hatte damals einen Brief an die Schulleitung und Lehrer geschrieben, um sich nochmals zu entschuldigen. Ich durfte diesen Brief leider erst nach dem tragischen Schicksal von Laura lesen. Und es läuft mir noch heute kalt den rücken runter, wenn ich an dieses Brief denke, denn so einen Text hab ich noch nie gelesen. Laura hätte Schriftstellerin werden sollen.


(Den Brief im Original ist im Menü unter "Brief an die Lehrer" zu finden)


An demselben Tag war auch eine Lehrerkonferenz, die nur wegen uns einberufen wurde. In dieser wurde besprochen welche Strafe wir bekommen und wie die Zukunft ablaufen sollte. Die Ergebnisse von dieser Konferenz hatte Laura leider nicht mehr mitbekommen dürfen.

Denn in der letzten Schulstunde (zumindest für mich) kam unser Englischlehrer in die Klasse und begann den Unterricht mit einer ganz schönen Rede. Er machte uns richtig zur Strecke und ließ nichts aus. Schließlich fragte er auch, wer das alles geschrieben hatte. eigentlich wollte sich die Klasse melden, doch irgendwie war jeder zu feige dafür, auch ich, doch eine nicht. Es war Laura. Sie meldete sich und sagte warum: „wenn ich mal sauer auf Lehrer bin, hab ich das geschrieben. Ich wollte nichts böses, aber ich wollte mich abreagieren“. (so in etwa hat sie es gesagt). Ich fand sie so tapfer. Sie weinte darauf nur noch und gab sich an allem die Schuld. Nach dieser Stunde blieben noch einige da um Laura zu trösten und ihr zu vergewissern, dass sie garantiert nicht Schuld daran ist. Das waren wir alle.

Schließlich musste ich gehen und sah noch ein letztes mal zurück. Und da sah ich dich mit deinen verweinten Augen, der verschmierten Wimperntusche und von anderen tröstend. Ich wollte doch auch da bleiben und dich trösten, aber mein Bus ging…

Ich werde diesen Augenblick nie vergessen. Nie, denn es ist der Letzte, als ich dich lebend sah.

Was danach passiert weiß ich nicht, denn es wurde mir nur erzählt:

Du bist am, Nachmittag schon wieder lächelnd in der Stadt gesehen worden und wurdest von ein paar Mitschülerinnen heimgefahren, weil du Nachmittagsunterricht hattest. Als du dann zuhause warst, hast du deine Mutter gebeten, ob du mit deinen Geschwistern rausgehen darfst zum spielen. Da bist du auf die Autobahn gegangen und wolltest etwas Unfassbares machen. Du wolltest dein Leben beenden, auf diese Weise. Doch irgendetwas hat dich davon abgehalten. Und ich danke Gott dafür, dass du wieder nachhause gegangen bist. Doch wenig später hast du deine Mutter nochmals gefragt, ob du raus darfst, weil du Kopfweh hast. Und dann passierte es. Du hattest dir vorgenommen dein Leben zu beenden und hast es dann auch gemacht. Du bist auf die Autobahn gegangen und hast es getan.

Ich kann hier nicht weiter. Es tut einfach so weh. Selbst nach 4 Jahren will ich hier nicht weiter schreiben.

Von all dem wusste ich nichts, als ich am nächsten morgen wieder in die schule fuhr. Ich dachte mir auch nichts, als 2 Mitschülerinnen von mir nicht im Bus sind, denn ich dachte mir, dass sie entweder runter gefahren oder mit dem anderen Bus gefahren sind. Und das war auch so. Sie wurden runter gefahren-

Nichts ahnend ging ich die Treppen rauf zum Klassenzimmer. Schon wenige Stufen vor dem Klassenzimmer hörte ich jemanden weinen. Doch auch hier dachte ich mir nichts dabei. Nur eines:“ jetzt komm schon Laura. Nicht schon wieder. Das wird doch alles wieder“ aber da hab ich falsch gelegen. Vorm Klassenzimmer war niemand zu sehen. Also ging ich weiter und da kam mir auch schon unsre Klassensprecherin weinen mir entgegen. Sie musste im Prinzip nichts sagen, ich wusste es indirekt schon, wollte es aber nicht wahr haben. Doch dann sagte sie es: „Laura ist tot“

Ab da konnte ich nicht mehr, niemand von uns. Wir weinten und hofften doch alle, dass Laura lebte. Immer wieder schaute ich zur Tür und wartete darauf, dass Laura reinkommt. Mit ihrem bezaubernden lächeln, ihren strahlenden Augen und den so typisch Laura – Ausdruck. Aber die Tür ging nicht auf.

Ich weiß noch so gut, als ich mich damals fühlte und so hoffte, dass das alles nur ein böser Traum is. Dass das alles nicht wahr ist, und ich jeden Moment aufwachen würde und froh sein kann, dass du lebst. Lebst…

Und hier möchte ich auch schon wieder aufhören zu schreiben, denn jetzt kann ich nicht mehr. Es reißt tiefe Wunden auf und das folgende erst recht. Aber ich werde mich demnächst wieder weiter schreiben und euch die Lebens- und Leidensgeschichte von unserer lieben Laura schreiben.

Wenn ich etwas nicht geschrieben hab, was für viele von Bedeutung ist, dann möchte  ich mich entschuldigen, es vergessen zu haben.

Ihr könnt aber auch jeder zeit etwas dazuschreiben oder wegstreichen oder…

 

Mit dieser Geschichte möchte ich eigentlich nur jeden Laura etwas näher bringen und damit jeder erfährt wie es ihr und auch uns, den Außenstehenden und noch mehr den nahe liegenden Menschen gegangen ist. Zumindest aus meiner Sichtweise.

Elisabeth

Mein Name ist Gabriele Brachmann, ich helfe Monika, der Mama von Laura diese Homepage zu pflegen. Ich habe das dringende Bedürfnis hier etwas zu sagen:

Ich habe noch nie in meinem Leben eine solch beeindruckendes Mädchen wie Laura kennenlernen dürfen. Es ist aber nicht nur Laura die so außergewöhnlich sinnlich, gefühlvoll, herzlich und unglaublich liebenswert ist, sondern auch Elisabeth.

Liebe Elisabeth, bei dir fehlen mir die Worte...........ich wünsche dir das wundervollste Leben auf der Welt........